Usedom wieder ins Abseits gestellt

Politisches

Im Grunde bin ich kein großer Freund von Verschwörungstheorien. Aber was die Landesregierung im fernen Schwerin in Sachen Usedom so bringt, macht einen schon nachdenklich. Die neueste Glanzleistung: Da bestellt und bezahlt das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung auf der Verbindung Berlin – Pasewalk – Stralsund für den Regional-Express 3 ab Dezember 2014 eine neue Spätverbindung. Abfahrt in Berlin um 20.32 Uhr – Ankunft in Stralsund 23.42 Uhr. Abfahrt in Stralsund 22.22 Uhr – Ankunft in Berlin 01.32 Uhr. Beide Züge halten um 23.00 Uhr in Züssow.

Eigentlich eine gute Sache und auch für Touristen nicht uninteressant. Nur blöd, dass der letzte Zug der Usedomer Bäder Bahn (UBB) von der Insel um 21.47 Uhr in Züssow ankommt. Und noch blöder, dass der letzte Zug ab Züssow Richtung Insel um 22.45 Uhr abfährt. Und noch viel, viel blöder, dass um 22.06 Uhr die UBB von Stralsund nach Swinemünde fährt, ebenfalls vom Land bestellt und bezahlt. Und um auch noch den Gipfel der Blödheit zu erklimmen: Selbst wenn die UBB mit dem letzten Zug Richtung Usedom in Züssow warten wollte, es ginge nicht. Die beiden noch vorhandenen Bahnsteige sind durch die zeitgleich einfahrenden Regional-Express-Züge besetzt.

Das lässt eigentlich nur zwei Rückschlüsse zu. Entweder ist dem Ministerium Usedom schlicht egal oder man ist nicht in der Lage vernetzt zu denken. Beides kann einem nicht gefallen. Aber was will man erwarten in einem Land, in dem der aktuelle ÖPNV-Landesplan aus dem Juni 2002 stammt.

[alert type=“info“]§ 6 Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern (ÖPNVG M-V)

(1) Der ÖPNV-Landesplan bildet den Rahmen für die Entwicklung des SPNV und für eine landesweit koordinierte Verkehrsgestaltung im gesamten ÖPNV. Das Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung stellt im Benehmen mit den Aufgabenträgern nach § 3 Abs. 3 den ÖPNV-Landesplan auf. …

2) Der ÖPNV-Landesplan ist erstmals 1996 aufzustellen und bei Bedarf zu überarbeiten oder fortzuschreiben. Er ist in geeigneter Form zu veröffentlichen.[/alert]

Seit dem hat es die Landesregierung unterlassen, den ÖPNV-Landesplan zu überarbeiten oder gar fortzuschreiben. Einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dazu hat das Regierungslager in der Sitzung des Landtages am 23.05.2012 abgebügelt. Das Protokoll der Sitzung gibt es hier, die Debatte (wenn man das so nennen will) ist ab Seite 78 dokumentiert. Hauptargument der Regierungsparteien für die Ablehnung des Antrages war die Feststellung, die Erarbeitung eines integrierten Verkehrsplanes sei Bestandteil der Koalitionsvereinbarung.

[alert type=“info“]Ziffer 87 der Koalitionsvereinbarung 2011-2016

Die Koalitionspartner werden das Verkehrskonzept von 2002 durch einen neuen integrierten Landesverkehrsplan ablösen, der Leitlinien für eine ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltige Verkehrspolitik vorgibt. Die mit Verkehr stets einhergehenden Belastungen für den Menschen sind zu beachten. Anforderungen von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen sind zu berücksichtigen. Der Landesverkehrsplan soll unter Einbindung der Kommunen, der betroffenen Verbände und interessierter Bürgerinnen und Bürger erarbeitet werden. Der Landesverkehrsplan wird auf einer Verkehrsprognose für das Land aufbauen, um bedarfsgerecht und ressortübergreifend verkehrsrelevante Entscheidungen prioritär vorzubereiten.[/alert]

Tatsächlich gab es im November 2012 eine Auftaktveranstaltung, um „Denkanstösse zu sammeln“. In der Folge gab es sogenannte Werkstattgespräche, öffentlich dokumentiert ist nach 18 Monaten Tätigkeit (wenn man das so nennen möchte) eine DIN-A4-Seite mit einer vorläufigen Gliederung. Bei diesem Tempo kann man getrost darauf wetten, dass in dieser Legislaturperiode der Landesverkehrsplan nicht beschlossen wird. Und bis es den Plan irgendwann einmal gibt, wird einfach weiter gebastelt, irgendwie.

Weiterführende Links: Mobilität für die Zukunft – Integrierter Landesverkehrsplan

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