Urlaubshitze

Menschliches

Überall hört man von Hitze,
Manchen trifft sogar der Schlag,
Naß wird man am Hosensitze
Schon am frühen Vormittag.

Damen, denen man begegnet,
Leiden sehr am Ambopoäng:
„Gott! Wenn es nur endlich regnet!“
Ist der ewige Refräng.

Oberlehrer und Pastoren
Baden sich in diesem Jahr,
Ihre Scham geht auch verloren,
Und man nimmt sie nackicht wahr.

Busen, Hintern, Waden, Bäuche
Zeigt man heuer lächelnd her,
Und wir kriegen schon Gebräuche
Wie die Neger ungefähr.

Wenn das Barometer sänke,
Käme eine beßre Zeit
In Bezug auf die Gestänke
Und in puncto Sittlichkeit.

Ludwig Thoma

Feines Gedicht, veröffentlicht 1911 im Simplicissimus.

Es passt wunderbar zu einem Erlebnis in einem Supermarkt in Ahlbeck, welches mich am Samstag ereilt hat. Wir sind ja von unseren Gästen schon allerlei gewöhnt. Aber erwachsene Männer, bei denen die Schwerkraft die Bauchmuskulatur schon seit längerem besiegt hat, in einer schreiend gemusterten kurzen Hose ohne jegliche Oberbekleidung an den Regalen und Kühltheken zu sehen und dann auch noch hinter sich an der Kasse zu haben, das geht entschieden zu weit. Wobei es die Sache auch nicht besser machte, wenn mir ein Adonis in dieser Aufmachung erschienen wäre.

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