Letzter Anlauf für eine zweite Marina auf Usedom

Politisches

Nun also doch. Die Heringsdorfer Gemeindevertretung hat sich nach jahrelangen, endlosen Diskussionen doch entschlossen, eine Variante für eine Marina in den Kaiserbädern im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens (ROV) auf Umsetzbarkeit prüfen zu lassen. Allerdings war die Entscheidung denkbar knapp mit neun Stimmen für und sieben Stimmen gegen das Raumordnungsverfahren und ist nur der Tatsache zu verdanken, dass vier Gemeindevertreter nicht anwesend waren, von denen man drei dem Lager der Marinagegner zurechnen kann. Glücklicher Umstand für die Investoren, ansonsten wäre das Thema (zumindest nach meiner Meinung) endgültig begraben gewesen.

Mit der Begründung seiner Nein-Stimme sorgte Joachim Saupe für Heiterkeit im Publikum. Er äusserte sich sinngemäß so, dass er schon zweimal Schiffbruch mit seiner Zustimmung für eine Marina erlitten habe und darum jetzt gleich mit Nein stimme. Auch der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Helmut Friedrich, hatte eine etwas eigentümliche Auffassung zu den Auswirkungen des Raumordnungsverfahrens. Er suggerierte mit seinem Beitrag, dass wer nun für ein Raumordnungsverfahren stimme auch hinterher für eine Marina stimmen müsse. Was schlicht falsch ist. Es gibt weder eine moralische und schon gar keine rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung eines Vorhabens, auch wenn es als raumverträglich eingestuft wird.

In einem ROV wird festgestellt, ob ein geplantes Bauprojekt in die Gesamtentwicklung einer Region passt, ob es im Falle einer Umsetzung Mensch, Tier und Pflanzenwelt stören und ob es Einfluss auf das Trinkwasser oder das Klima haben würde, aber auch, ob es ökonomisch und sozial sinnvoll ist.

Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung

Die im Rahmen der Präsentation vor der Sitzung gezeigte Variante für eine Marina im Bereich der früheren Bohrschlammfelder neben dem Schloonsee hat gegenüber der von 2006, als keine Mehrheit für ein Raumordnungsverfahren zustande kam, deutlich abgespeckt. Vor allem sind sämtliche Hochbauten, die für die Vermietung bestimmt waren, weggefallen und der Aussenhafen wurde komplett überarbeitet. Maßgeblich dafür waren offenbar die Erfahrungen, die mit den Seglerhäfen „Hohe Düne“ in Warnemünde und in Kühlungsborn gesammelt wurden.

Bei der Präsentation sollte man immer im Hinterkopf haben, dass der Investor sein Vorhaben naturgemäß im besten Licht darstellt und man durchaus die eine oder andere Aussage hinterfragen kann und auch muss.

Das Vorhaben bietet aus Sicht der Befürworter einige Vorteile für die Kaiserbäder:

    Die etwa sechzig sehr exklusiven Bauplätze für Häuser mit eigenem Liegeplatz sind Anreiz für eine Klientel, die sich zur Zeit wenig bis gar nicht für Usedom interessiert.
    Ein großer Auffangparkplatz für Tagesgäste
    Ein attraktiver Aufenthaltsbereich für alle Touristen durch die zentrale Lage, ein Bootshafen ist ein Anziehungspunkt nicht nur für Segler
    Zusätzliche Kaufkraft im Ort durch die Segler

Aber es gibt auch die Nachteile, die von den Gegnern ins Feld geführt werden:

    Unterbrechung des Strandes (über die vorhandene des Sack-Kanals hinaus) und Veränderung des Strandbildes
    Unterbrechung des Verkehrs auf der Maxim-Gorki-Straße und der Promenade während der Brückenöffnungszeiten
    Massiver Umbau der Landschaft im Bereich des inneren Hafenbeckens

Für mich gibt es noch einiges an offenen Fragen, für die ich mir Klärung im Rahmen des Raumordnungsverfahrens erhoffe:

    Was passiert mit den Trinkwasserbrunnen auf der anderen Seite der Landesstrasse, wenn der künstliche See mit Salzwasser gefüllt wird?
    Kann die gewählte Zufahrt die zu erwartenden Mengen an Verkehr aufnehmen?
    Führen das zusätzliche Angebot an Gastronomie und Ladenflächen in der geplanten Passage zu einer Austrocknung des Zentrums von Bansin?

Und das ist noch keine abschliessende Aufzählung.

Wie geht es jetzt weiter?

Zunächst wird das Amt für Raumordnung und Landesplanung Vorpommern dem Investor aufgeben, welche Unterlagen und Gutachten er beibringen muss. Das geschieht in aller Regel in einem sogenannten Scooping-Termin, bei dem auch die Träger öffentlicher Belange beteiligt sind. Wenn alles da ist, wird das gesamte Material öffentlich ausgelegt und jeder kann dazu seine Bedenken und Anregungen vorbringen. Am Ende steht nach einer Abwägung der eingegangenen Bedenken und Anregungen eine landesplanerische Stellungnahme, die entweder die Vereinbarkeit mit der Gesamtentwicklung der Region feststellt oder auch nicht.

Bei einem positiven Bescheid ist es an der Gemeindevertretung zu handeln. Für eine Umsetzung müsste der Flächennutzungsplan der Gemeinde geändert werden und ein entsprechender Bebauungsplan aufgestellt werden. Angesichts der zwiespältigen Haltung der Gemeindevertretung zu dem Vorhaben werde ich auf jeden Fall im Falle einer positiven landesplanerischen Stellungnahme die Durchführung eines Bürgerentscheides als sogenanntes Vertreterbegehren nach § 20 Absatz 3 der Kommunalverfassung beantragen.

Wenn die Gemeindevertretung bei so einem großen Vorhaben keine Einigkeit erzielen kann, sollte der Bürger das letzte Wort haben.

P.S.: Es gab eine namentliche Abstimmung in der Gemeindevertretung, das Ergebnis stelle ich hier noch ein, sobald ich die Namen von der Gemeindeverwaltung habe. Ich selbst habe für die Durchführung des Raumordnungsverfahrens gestimmt.

Und hier noch die passende Musik zum Thema.